An dieser Stelle hast du wahrscheinlich Teil 2 von 13 Wege zum Glück erwartet.
Hätte eigentlich auch heute hier erscheinen sollen. Ich muss dich bitten, dich diesbezüglich noch ein bisschen zu gedulden, weil ich mich spontan dazu entschieden habe einen anderen "Artikel" einzuschieben.
Der möchte offensichtlich dringend aus mir raus.
Das liegt daran, dass ich von Freitag bis Sonntag an einem zwar fordernden aber sehr bereichernden Schweige-Meditations-Seminar im Buddhistischen Zentrum in Scheibbs teilgenommen habe.
Warum tut man sowas?
Um runter zu kommen. Um zu Entschleunigen. Um dem Parasympathikus die Möglichkeit zu geben sich wieder zu aktivieren. Um den gegenwärtigen Moment wieder wahrnehmen zu können. Um sich wieder besser selbst wahrnehmen zu können.
Wie läuft das ab?
Man schweigt und sitzt und geht. Letzteres aber sehr sehr langsam.
Aber der Reihe nach:
Anreise Freitag - gemeinsames Abendessen - man spricht jetzt noch miteinander - danach erste Sitzmeditation und erste Anleitungen.
Am Samstag beginnt man um 6.30 (was in diesem Fall spät war) mit einer kurzen Yoga Einheit und ab 7.00 sitzt man die ersten 30 Minuten.
Man sitzt und beobachtet seinen Atem. Ich atme ein - ich atme aus - ich atme ein - ich atme aus.
Nach 3 Atemzügen denkt man schon wieder an etwas Anderes und bemerkt es erst nach ca 3 bis 5 Minuten wenn man schon tief in den ablenkenden Gedanken verfangen ist. Dann erinnert man sich wieder daran zu atmen. Ich atme ein - ich atme aus - ich atme ein - ich atme aus.
Irgendwann blinzelt man dann in die Runde (in meinem Fall waren noch 35 weitere Personen anwesend) und wundert sich, warum man die Einzige ist, die blinzelt und nicht in tiefer Meditation versunken ist.
Und wieder zurück zum Atmen. Und immer die Hoffnung, dass der erlösende Klang der Klangschale, der das Ende der Meditation einläutet, endlich erklingen möge.
Endlich! Frühstück. In Stille, schweigend. Man begegnet 35 Menschen ohne sie kennen zu lernen. Auch eine ganz neue Erfahrung. Per Blickkontakt sagt man "reich mir doch bitte die Butter" oder "nein danke, ich nehme nichts mehr von dem köstlichen Porridge".
Nach dem Frühstück dann die "Arbeitsmeditation". Jeder Teilnehmen versinkt eine Stunde achtsam in einer Tätigkeit. Beim Geschirr abwaschen oder beim Bügeln, beim Kehren oder bei der Gartenarbeit. Wieder schweigend und daher ganz ins Tun versunken.
Man bemerkt wie sich eine Tasse anfühlt wenn man sie abtrocknet und wie sehr man ein neues, trockenes Geschirrtuch schätzt.
Man wird ruhig und es fühlt sich gut an. Man denkt wieder an etwas Anderes, bemerkt es und spürt wieder zu der Tasse und dem Tuch in der Hand.
Nach der Arbeitsmeditation wieder Sitzen - 40 Minuten - danach Gehmeditation im wunderschönen, parkähnlichen Garten des Buddhistischen Zentrums - 40 Minuten lang - einen Fuß heben - bewegen- vorne abstellen - nächster Fuß - heben- bewegen - abstellen. Wohin man blickt heben auch die Anderen wie in Zeitlupe ihre Füße und gehen im Jetzt. Aber eigentlich sollte man das gar nicht wahrnehmen, sondern ganz bei den eigenen Schritten sein.
Man ist dankbar, dass man nicht sitzt und sich das Gesäß und der Rücken erholen können.
Anschließend geht es wieder weiter mit dem Sitzen, dann Mittagessen und im Anschluss wieder Sitzen- Gehen-Sitzen-Gehen - wann schlägt er endlich diesen Klöppel gegen die Klangschale bitte??? - Sitzen- Sitzen- ich atme ein - ich atme aus - ich werde sicher gleich narrisch - nein doch noch nicht - ich atme ein - ich atme aus - Danke! Endlich! Die Klangschale.
Dazwischen immer wieder hilfreiche Anleitungen des Meditationslehrers.
Am Ende des ersten langen Tages fällt man müde ins Bett. Das Üben des Nicht-Denkens ist anstrengender als man glaubt.
Die erste Meditation am Sonntag fällt unglaublich leicht, weil jetzt hat man ja schon Übung. Außerdem weiß man, dass dieser Tag zu Mittag mit einem Mittagessen und dem Brechen des Schweigens enden wird.
Wie schnell diese letzten Stunden vergehen. Man fühlt sich wunderbar entspannt und irgendwie leicht. Man nimmt sich vor, ab heute jeden Tag, ganz bestimmt mindestens 1 Mal am Tag zu "sitzen".
Während einer sehr entspannten Abschluss-runde lernt man die Stimmen zu den vielen Gesichtern kennen. Die Anderen kommen einem vertraut vor.
Bei der Heimreise nimmt man alles stärker wahr als davor. Man ist dankbar für diese Erfahrung, für dieses Wochenende.
Und am Montag fällt auch die erste Meditation Zuhause - alleine - unglaublich leicht.
Die angenehme Verlangsamung hält noch weiter an. Möge sie lange erhalten bleiben!
Dieses Wochenende im Buddhistischen Zentrum war bestimmt nicht mein Letztes.
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Ana-Laura (Mittwoch, 11 Dezember 2019 07:34)
Da bekommt man richtig Lust auch mal nur zu "Sitzen".